Reisebericht (über eine Fahrt der KMG Christkönig nach Einbeck am 16.09.2022)

„Wie aus einem Tagesausflug eine Pilgerreise wurde“ oder „Mit Bier fängt man durstige Pilger“

Nach langen Monaten der Kontaktreduzierung hat die Kath. Männergemeinschaft wieder eine Tagesfahrt unternommen. Das Ziel war die Bierstadt Einbeck. Von 24 angemeldeten Teilnehmern aus allen Kirchorten mussten 4 krankheitsbedingt absagen.

Mit dem Reisesegen des Pfarrers konnten die 3 Kleinbusse der Gemeinden St. Heinrich, St. Martin und St. Godehard pünktlich starten.

Pünktlich angekommen, bremste uns das üppige Frühstück im Café in der Geiststraße ein wenig aus, so dass sich der Aufenthalt im Auto- und Motorrad-museum „PS Speicher“ leider verkürzte und sich das Schritttempo beschleunigte.

Statt eines Besuches in der Brauerei erwartete uns als Ausgleich beim Mittagessen im Brodhaus, dem Gildehaus der Bäcker und ältestem Wirtshaus in Niedersachsen, eine Bierprobe mit 5 verschiedenen Sorten Bier.

Auf dem Weg zur „Alten Synagoge“ entlang der historischen Stadtmauer ließen sich Teile der mittelalterlichen Befestigungsanlagen und der Unterschied zwischen den „Buden“ ohne Brauberechtigung und den Häusern der „Vollbürger“ gut erkennen.

Doch welche Überraschung in der „Alten Synagoge“! Wer nach den geschichtsträch¬tigen Fachwerkhäusern ein jüdisches Bethaus erwartete, musste abrupt umdenken.

Von außen denkmalgerecht restauriert, liegt das alte jüdische Bethaus romantisch etwas eingeengt in der zweiten Reihe. Aber welche Sehenswürdigkeit wartet im Haus. Ein modern renovierter, weiß gestrichener, leerer, neutraler Raum ohne Zeichen der früheren Verwendung. Moderne Stühle stehen gestapelt an der Rückwand. So wird ein Gedankenexperiment eingeleitet. Fragezeichen werden hörbar gemacht. Welchen Zweck verfolgen die Initiatoren? Wie zeigt sich das Gemeinsame der drei monotheistischen Religionen? Die Leere will mit Antworten gefüllt sein.

Nach einer Stärkung bei Kaffee und Kuchen strebte die Reise ihrem Höhepunkt zu, dem Besuch der Münsterkirche St. Alexandri, die als gräfliches Kollegiatstift mit Lateinschule und früher Wallfahrtsstätte das Wachstum Einbecks von einer Marktsiedlung zur wehrhaften ummauerten Stadt erheblich beigetragen hat.

Uns hat der Innenraum der Kirche sehr beeindruckt. Wie herausragend vor allem die Akustik gelungen ist, zeigte sich im Raumeffekt beim Singen einiger Lieder aus dem Gesangbuch in der Krypta und im Chorraum.

Bemerkenswert ist die gut belegte Geschichte der ehemals zum Bistum Mainz gehörenden Stiftung. Ihre im Hinblick auf die Bevölkerung Einbecks unverhältnis-mäßige Größe mit ca. 800 Sitzplätzen ist auf ihre Aufgabe als Wallfahrtskirche zurückzuführen. Anziehungspunkt war eine „Heilig Blut Reliquie“ zurückzuführen.

Diese wurde von den herrschenden Welfen nach Hannover in die Schlosskirche überführt, die im 2. Weltkrieg jedoch zerstört wurde. Wo ist sie heute?
„Wichtigster Schmuck (der Kreuzkirche) ist das Altargemälde von Lucas Cranach d. Ä. (vor 1537). Es befand sich ursprünglich in der Schlosskirche im Leineschloss, für die es Herzog Johann Friedrich im Jahr 1675(?) aus dem Einbecker Alexanderstift erwarb.“ (Wikipedia)

Herzog Johann Friedrich war kurzzeitig 1665-1679) Fürst von Calenberg und versuchte vergeblich eine Rekatholisierung seines Landes. Er holte u.a. Wilhelm Leibnitz und Niels Stensen an seinen Hof.

Da Teile des Altars der hannoverschen Kreuzkirche aus der Einbecker Münsterkirche stammen, könnte auch die berühmte Reliquie dort angekommen sein.

Auf der Suche nach Hinweisen des Verbleibs stößt man auf eine vergleichbare Kostbarkeit im Hildesheimer Domschatz. Dieser ist in langjährigen Arbeiten von 1986 bis 2018 gründlich untersucht worden und hat im Zuge der Umgestaltung des Doms einen neuen angemessenen Platz gefunden.

Herauszufinden, ob sich im Hinblick auf Herkunft, Zeit, Wegen und Orten zwischen den Reliquien Parallelen finden lassen, wäre eine spannende Aufgabe.

Text: Dr. Wilhelm Walter